„Ich glaube nicht, dass es nötig ist, zu kürzen“ (von Caroline Büsgen – WZ 30.01.2025)

SPD-Landtagsabgeordneter Andreas Bialas sprach in der Bandfabrik über finanzielle Einschnitte in der Kultur

Zu einer gleichermaßen kulinarischen, geselligen und informativen Veranstaltung trafen sich jetzt Kulturinteressierte im Kulturzentrum Bandfabrik. Nach dem Genuss eines Winter-Eintopfes verfolgten die Gäste ein Gespräch zwischen dem Landtagsabgeordneten Andreas Bialas (SPD) und der Moderatorin und Autorin Annette Hager zum Thema Mittelkürzungen im Bereich der Kultur.

Gastgeber Erhard Ufermann begrüßte die Gäste im Kulturzentrum an der Schwelmer Straße und nahm angesichts des Veranstaltungsformats „Am Küchentisch“ Bezug auf die Wahlkampfstrategie von Vizekanzler Robert Habeck. Der präsentiert sich den Wählern jovial-privat an einem Küchentisch. „Wir haben dieses Format schon seit drei Jahren. Dabei geht es um eine Verbindung von Sinnlichkeit, Information und Diskurs“, freut sich der Hausherr über die gut besuchte Vorstellung. Entscheidungen würden nicht auf dem Sofa, sondern am Küchentisch getroffen, erläuterte er augenzwinkernd.

Vor die Sinnlichkeit in Form des Genusses eines dampfenden Winter-Eintopfes setzte Ufermann knallharte Fakten: 35 000 Menschen hätten sich im vergangenen Jahr demonstrierend gegen Kürzungen im sozialen Bereich empört, mit 83 Millionen Euro bezifferte Erhard Ufermann das Sparpaket, das unter anderem die Bereiche Migration und Integration, psychosoziale Zentren, Eingliederungshilfen, Langzeitarbeitslose oder das Jobcenter trifft.

Die Tische – wie in der heimischen Stube – hübsch mit Sets, Blumen, Teelichtern und Brotkörbchen dekoriert, das Besteck bereitliegend, kredenzte das Team der Bandfabrik den Gästen ein kleines Essen, und die Gäste folgten der Aufforderung zum Nachschlag gerne und reichlich.

Weil auch die Musik an einem geselligen Abend nicht fehlen darf, sorgte der Bassist und Gitarrist Harald Eller mit einem Daxophon – ein in Wuppertal von Hans Reichel erfundenes Instrument – für ein Klangfaszinosum. Ein Geigenbogen korrespondiert mit einem Holzbrettchen, bringt jaulende, fauchende, wispernde, flirrende, hallende und rülpsende Töne hervor. Wie wispernde Elfenstimmen, die hundertfach von geheimnisvollen Wänden verwunschener Paläste widerhallten, muteten einige der Klangpassagen an. Klingende Dialoge, zärtliches Flüstern, heftigste Dispute, hysterisches Wüten – Harald Eller ist einer der wenigen Virtuosen an diesem skurril-experimentellen onomatopoetischen Instrument mit psychedelischen Ambitionen.

In seiner Anmoderation zitierte Erhard Ufermann mit Eva Maria Welskop-Deffaa die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes: „Nicht, dass gespart wir, sondern wie gespart werden soll, ist schockierend“, nahm der Veranstalter als Aufhänger für die Veranstaltung, in der es um die Folgen der massiven Einsparungen im Kulturbetrieb ging. Während die Folgen der geplanten Kürzungen in den sozialen Haushalten den Menschen allmählich bewusst würden, verliefe die Einschränkung der öffentlichen Mittel für die Kulturszene weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit, stimmte Erhard Ufermann auf das folgende Gespräch zwischen dem kulturpolitischen Sprecher der SPD und Annette Hager ein. Der Stadtteilbürgermeister von Langerfeld-Beyenburg, Andreas Bialas, skizzierte Stationen seiner Kindheit in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und seiner beruflichen Karriere bei Bundeswehr, Polizei und in der Politik.

Mittelkürzungen im Bereich der Bibliotheken sind „katastrophal“
Weshalb es gerade die Position des kulturpolitischen Sprechers habe sein sollen, wollte Annette Hager wissen, welche Bedeutung die Kultur für Andreas Bialas habe. Mit viel Selbstironie entgegnete er, es habe sich halt niemand anders gefunden. Bücher und das Lesen sein für ihn immer sehr wichtig gewesen: „Lesen ist doch der Schlüssel, zu versuchen, die Welt zu verstehen“, brach er eine Lanze für diese Kulturfähigkeit. Insofern halte er Mittelkürzungen gerade im Bereich der Bibliotheken für katastrophal. Vonseiten des Veranstalters gab es auch eine Momentaufnahme der aktuellen Tendenzen: „Demokratische Umgangsformen gehen den Bach runter, und die Mittel der Kultur sind nicht mehr sicher“, konstatierte er. Bezogen auf das Thema des Abends bezog Andreas Bialas Position: „Ich glaube nicht, dass es nötig ist, zu kürzen!“, und er bewertete es als „dumm“, dass auch in Nordrhein-Westfalen besonders auf dem Sektor der „freien Szene“ massiv gespart werden solle. Hauptgeldgeber für die Kultur seien die Kommunen. Insofern sei deren solide Grundfinanzierung die Voraussetzung für einen lebendigen Kulturbetrieb.

Die finanzielle Ausstattung der klassischen Kulturdisziplinen Konzert, Theater, Oper sei gesichert, aber gerade sozio-kulturelle Zentren – hier führte er etwa die börse in Wuppertal an – seien von den Kürzungen massiv betroffen.

Dabei böten sie in besonderem Maße Möglichkeiten der Begegnung und des sozialen Lebens in Kombination mit einem Kulturgenuss, der nicht nur auf die Bedürfnisse der Bildungsbürger zugeschnitten ist: „Kunst und Kultur ermöglichen doch andere Blickpunkte auf die Welt. Um sie vielleicht auch besser ertragen zu können. Kultur erzählt Geschichten über diese Welt, auch auf unterhaltsame Weise. Sie löst Emotionen aus“, sah Bialas die Kultur auch als Möglichkeit, die sozialen Einschränkungen, die aufgrund der Pandemie viele Menschen in die Einsamkeit geführt hätten, wenigstens teilweise aufzuarbeiten.

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